nr. 1566

Grunddaten

Adressat Schücking, Christoph Bernhard L e v i n
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer1566
Schreibdatum1843-4-[10-20]
SchreibortSt. Goar
Empfangsort[Mondsee] (?)
Incipit
St. Goar, am Oster-Montage 1843. Liebster, Theuerster! Dein letzter Brief hat mich in doppelter Weise aufs Erfreulichste berührt.
StandortWuppertal
Institution Stadtbibliothek
Drucke(1) Schücking (1910), S. 421f.; (2) Schücking (1948), S. 444-446

Art- und Formuntersatz

DokumentformO-Hs.
VollständigkeitHs.: vollst.; Drucke: unvollst. (Nur Auszüge: Abs. 2, 3.-4. Satz fehlen; Abs. 3, 2.-7. Satz fehlen; Abs. 4, 1.-2. u. 6. Satz fehlen; Abs. 5 fehlt; Abs. 6., 1.-6. Satz fehlen; Briefschluß: Abs. 7-9 u. Schlußformel fehlen)
ÜberlieferungsformHs.; Edition
BestandFerdinand Freiligrath
SignaturA 4,1

Zeugenbeschreibung

Umfang3 Bl., 1 Bl. gef., 8 Sn. beschr. mit brauner Tinte
Größe13,7 x 21,6
Papiersorteweiß-gelblich, fein-glatt
Erhaltunggut

Ergänzungskommentar

Beilagen[Waldmeister]

Regest

Rücknahme der und Entschuldigung F. F.'s für die geäußerten Bedenken gegenüber der Aufrichtigkeit Louise von Galls in ihrer Beziehung zu Levin Schücking. Schücking hat ihn überzeugt, daß auch die von Gall ihn aufrichtig liebt und nicht bloß mit dieser Beziehung ihre Eitelkeit befriedigen will, wie es F. F. nach der persönlichen Bekanntschaft im letzten Jahr in Darmstadt und nach entsprechenden Briefen der von Gall an Ida Freiligrath annehmen mußte. Erst als sich F. F. vergewissert hatte, daß Schücking wirklich mit der von Gall verlobt war, hat er ihm den ausweichenden Brief der von Gall an die Freiligraths geschickt und ihm unter dem 11. März seine eindringlichen Fragen bezüglich der Beziehung überhaupt erst gestellt. Erst nach der jetzigen Aufklärung der von Gall, ihr Stolz erlaube es nicht, sich Schückings Braut zu nennen, bevor er sie gesehen hat, hat für F. F. ihre frühere Doppelzüngigkeit doch zu ihren Gunsten erklären können. Aber sie hat erst jetzt in den letzten Tagen und wohl auf Drängen Schückings Ida Freiligrath von der Verlobung offiziell in Kenntnis gesetzt, was gerade keinen großen Vertrauensbeweis zu den Freiligraths darstellt. Ihre Liebe zu Schücking wäre den Freiligraths schon früher glaubhaft geworden, wenn die von Gall sich in dieser Frage von Anfang offen und ehrlich verhalten hätte. Dann hätte F. F. auch nicht Zweifel säend in ihre Beziehung eingegriffen. Schücking hat es tatsächlich vermocht, das Rätsel dieser seltsamen und schillernden Frau zu lösen und es auch erreicht, daß sich ihr Charakter wandelte und sie eine Seele bekommen hat und vielleicht auch noch die Reste ihrer Koketterie ablegen wird. Aber Schücking muß sie noch weiter erziehen. Bei ihrem bevorstehenden Rendevouz soll ScHücking ihr offen und ohne Vorurteile gegenübertreten. Wenn beide einen Sommeraufenthalt in St. Goar planen sollten, so sollten sie sich zur Beherbergung an Karl Heuberger wenden, da F. F. wegen eines Aufenthaltes von Marie Melos in seinem Haus keinen Platz hat. Die Vorhaltung der von Gall jedenfalls, sie habe von F. F. immer nur Neckereien zu fürchten, sind völlig grundlos und ein typisches Ergebnis ihres vorschnellen Urteilsvermögens und ihres Mißtrauens ihm gegenüber. Jetzt da sich eine ernsthafte Beziehung der beiden herausgebildet hat, wird F. F. auch nicht mehr darüber ironisch scherzen. Schückings Bemühungen um eine neue feste Anstellung sind leider noch immer ohne Erfolg. Das Angebot von Joseph Christian von Zedlitz auf eine Anfrage hin, zwar keine Staatsanstellung, wohl aber eine Erzieherstelle in einer angesehenen Familie vermitteln zu können, sollte wohl nicht den Vorstellungen Schückings und der von Gall entsprechen. Man muß auch aufpassen, daß man nicht in ein Berufsjoch hineingerät. Am besten wäre für Schücking wohl ein fester Kontrakt mit dem Verleger Johann Georg von Cotta. Dank für Schückings und der von Gall Bemühungen, auch für F. F. eine neue Anstellung zu finden. Die Sache mit der Inspektorstelle auf Schloß Stolzenfels hat sich zerschlagen. Warnung an Schücking, sich nicht zu stark an die Aristokratie zu binden, da er wie F. F. selbst doch auch ein 'Volkskind' sei und sie beide doch nur dem Gefühl des geistigen Adels verpflichtet seien. Hinter der Vornehmheit des Adels verbirgt doch oft nur Hohlheit und Gemeinheit. Daß die anonym im 'Morgenblatt für gebildete Leser' veröffentlichte Darmstädter Korrespondenz von der von Gall stammt, haben die Freiligraths gleich erkannt. Sie wollen es aber bei ihrer Reise nach Darmstadt im nächsten Monat niemanden dort verraten. 'Prima Donna' (?) scheint ihm ein schwaches Werk zu sein. Emanuel Geibel kommt von Pfingsten an nach St. Goar und F. F. hofft auch auf einen baldigen Besuch von Schücking. Es wird wohl wieder ein besuchs- und erlebnisreicher Sommer hier werden. Die Freiligraths bewahren die von der von Gall zugeschickten 'Fragmente' ihrer Korrespondenz an Schücking sicher auf.