nr. 3297

Grunddaten

Adressat Freiligrath, Gisbertine
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer3297
Schreibdatum1866-5-11
Schreibort[London]
Datumsstempel1866-5-11
OrtsstempelLondon
Empfangsdatum1866-5-13
EmpfangsortSoest
Incipit
11. Mai 1866. Liebe Gisberta, Als Ida u. Luise jüngst nach Soest schrieben, war ich in der City, u. das Couvert ging also ohne eine Beilage von mir ab.
StandortWeimar
Institution Goethe- und Schiller-Archiv

Art- und Formuntersatz

DokumentformO-Hs.
Vollständigkeitvollst.
ÜberlieferungsformHs.
BestandFerdinand Freiligrath
Signatur17/V, 8b, 3

Zeugenbeschreibung

Umfang3 Bl., 2 Bl. gef., 10 Sn., 9 Sn. beschr. mit schwarzer Tinte; Briefumschlag mit Adresse, 5 Poststempeln u. 3 Briefmarken
Größe13,5 x 21,2
Papiersorteweiß-gelblich, fein-glatt-seidig
Erhaltunggut; S. 9/10 linke obere Papierhälfte mit zwei Papierausrisssen mit leichtem Textverlust

Ergänzungskommentar

Beilagen[Photographie F. F.'s für Georg Plange]

Regest

Die Tochter Louise Freiligrath ist glücklich wieder bei ihren Eltern in London angekommen. Ihr ist der Einfluß Gisbertine Freiligraths bis in den Sprachgestus hinein anzumerken. Dank an alle Soester Verwandten für die angedeihte Fürsorge gegnüber Louise. Bald soll nun auch der Entschluß fallen, wann Otto Freiligrath nach Soest kommen wird und später dann auch Percy Freiligrath. Die unselige politische Lage in Deutschland macht F. F. diesbezüglich aber eher etwas unsicher. Aus dem Versuch F. F.'s, seinen Sohn Wolfgang Freiligrath als Lehrling in einem schlesiischen Wollgeschäft unterzubringen, wird wohl auch nichts werden, da die Gefahr zu groß ist, daß man Wolfgang in die preußische Armee einzieht, obwohl er in England geboren ist. Das Attentat von dem ebenso braven wie bedauernswürdigen Ferdinand Cohen-Blind, dessen zugrundeliegende Theorie vom Tyrannenmord F. F. nicht billigt, hat die Verhältnisse jetzt noch angespannter gemacht. F. F., der Cohen-Blind kannte, ist von der Sache tief erschüttert, und weiß, daß dieser im Glauben gehandelt hat, etwas gutes für Deutschland und das Heil Tausender getan zu haben, obwohl er der Reaktion damit nur wieder einen Vorwand geliefert hat, gegen Oppositionelle und Flüchtlinge noch schärfer vorzugehen. Abschied gestern vom jungen Georg Plange, der wie soviele seiner Generation jetzt von Otto von Bismark in einen blutigen Bruderkrieg geschickt wird. Übersendung von 37,- Talern für die Unkosten mit Louise Rückreise und das Porto für zwei Bücherpakete an Karl Elze und Friedrich Bodenstedt. F. F. hat dem nach Deutschland zurückkehrenden Plange Exemplare von Gerald Masseys 'Shekespeare-Sonetten' und eine Verlagsanazeige zur Weiterleitung an Elze mitgegeben. Dazu auch noch die Ausgabe des 'Briefwechsels zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller' für Gisbertine, 'Charlotte von Schiller und ihre Freunde' für die Stiefmutter und Georg Scherers 'Alte und neue Kinderlieder' als Dankesgruß von Louise. Bedingt durch den preußisch-österreichischen Krieg herrscht hier in London augenblicklich eine wahre Finanzpanik, die F. F. viel Arbeit bei der Abwicklung der Bankfiliale der Banque Générale Suisse beschert.