nr. 3445

Grunddaten

Adressat Freiligrath, Karoline
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer3445
Schreibdatum1850-11-16
SchreibortBilk b. Düsseldorf
Datumsstempel1850-11-16
OrtsstempelDüsseldorf
Empfangsdatum1850-11-17
EmpfangsortSoest
Incipit
Bilk, 16. Nov. 1850. Liebe, theure Lina! Vergib, daß ich Deine herzlichen Zeilen vom 29. v. M. erst so spät erwidere.
StandortWeimar
Institution Goethe- und Schiller-Archiv

Art- und Formuntersatz

DokumentformO-Hs.
Vollständigkeitvollst.
ÜberlieferungsformHs.
BestandFerdinand Freiligrath
Signatur17/X, D, 1b

Zeugenbeschreibung

Umfang3 Sn., 2 Sn. gef., 10 Sn., 7 1/10 Sn. beschr. mit brauner Tinte; Briefumschlag mit Adresse, 2 Poststempeln u. Siegel
Größe13,9 x 22,5
Papiersorteweiß-gelblich, fein-glatt-pergamenten
Erhaltunggut

Ergänzungskommentar

Beilagen[Verzeichnis der Geburtstage von F. F.'s Kindern]
Beischluss[Brief von F. F. an Karoline Freiligrath v. 16.11.1850]

Regest

F. F. mußte in den letzten Wochen große Anstrengungen unternehmen, um vor der Polizei und den Behörden zu beweisen, daß er noch ein preußisches Staatsbürgerrecht besitzt. Da F. F. bis 1844 nachweislich als preußischer Staatsbürger in Preußen gelebt hat und das Staatsbürgerrecht erst nach einem 10jährigen Auslandsaufenthalt erlischt, konnte man ihm das nicht streitig machen. Man beharrte aber dennoch darauf, daß F. F. das Land verlassen müsse, was F. F. als Rechtsverletzung ansieht, so daß er die Angelegenheit letzten Mittwoch förmlich bis vor die Regierung getragen hat, um von dort eine letztendliche Entscheidung zu erhalten. F. F. kann nun nur noch abwarten, er bereitet sich aber freilich auf das Schlimmste vor, die Bestätigung des Ausweisungsbeschlusses, da er auch von der Regierung und dem Ministerium keine Gerechtigkeit erwartet, sondern höchstens Klugheit und Angst vor einer Blamage. Aber auch das würde ihn wohl kaum länger schützen können, wenn Preußen in der gegenwärtigen Krise der Politik nicht doch noch eine volkstümliche Richtung einschlagen sollte, sondern sich weiter vor Österreich und Rußland duckt und wieder die alte 'Bundesnacht' über Deutschland hereinbrechen läßt. Dann, und dies ist das Wahrscheinlichere, wären Männer wie F. F. in Deutschland wirklich nicht mehr sicher und eine Ausweisung wäre nur ein verhältnismäßig kleines Übel. Aber F. F. will wenigstens bis zum letztmöglichen Ende hier ausharren, um dann von sich sagen zu können, nur der 'Gewalt der Niedertracht' gewichen zu sein. Unter diesen unsicheren Verhältnissen ist auch die geplante Aufnahme des Mädchens, Lisette Ranzenhauser, den Freiligrtahs jetzt nicht möglich. Freundliches Erinnern F. F.'s an den jüngsten schönen Aufenthalt Karoline Freiligraths bei den Freiligraths in Bilk. Besonders die Kinder haben ihre Abreise als Verlust empfunden. Sehnsucht F. F.'s, sich doch öfter mit der Familie sehen zu können. Dank an Karoline Schwollmann für die viele Hilfe im Soester Haushalt der Freiligraths. Auch Luise Lohrman ist von ihrem Besuch bei den Freiligraths wieder nach Kettwig zurückgereist, wo sie jetzt mit ihrem Vater in eine neue Wohnung gezogen ist. Dank an die Stiefmutter Klara Wilhelmine Freiligrath für die mitgegebenen Würste. Allen Kindern geht es gut. F. F. hofft, daß dies auch bei einer eventuellen Exilierung nach England oder Amerika so bleiben wird. Andeutende Erwähnung einiger Düsseldorfer Klatschgeschichten.

Bemerkungen

S. 8-10 Briefanhang von Ida Freiligrath an Karoline Freiligrath v. 16.11.1850