nr. 4219

Grunddaten

Adressat Elze, Friedrich Karl
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer4219
Schreibdatum1874-4-16
SchreibortStuttgart
Datumsstempel1874-4-17
OrtsstempelStuttgart
Empfangsdatum1874-4-18
EmpfangsortDessau
Incipit
Stuttgart, 16. Apr. 1874. Theurer Freund, - Alles bestens u. dankbarlichst erhalten: Brief, Correspondenzkarten, Shakespeare-Dilettantismus, u. die Einzelabzüge meiner Miscelle.
StandortWashington D. C. (USA)
Institution Folger Shakespeare Library

Art- und Formuntersatz

DokumentformO-Hs.
Vollständigkeitvollst.
ÜberlieferungsformHs.
SignaturY. c. 979 (3)

Zeugenbeschreibung

Umfang2 Bl., gef. , 8 Sn. beschr. mit Tinte; Briefumschlag mit Adresse, 4 Poststempeln u. abgelöster Briefmarke
Größe14,0 x 21,8
Papiersorteenge Linienprägung (1 mm)
Erhaltunggut

Regest

F. F. lobt Karl Elzes Aufsatz 'Der Shakespeare-Dilettantismus', mit dem Elze die vielen Nichts- und Halbwissenden mit seinen ausgezeichneten Kenntnissen in die Schranken weist. F. F. wünschte sich sogar einen Separatdruck des sehr lehrreichen Aufsatzes extra für den Buchhandel, da das Shakespeare-Jahrbuch ja nur im engeren Experten- und Liebhaberzirkel rezipiert wird. Elze soll den Aufsatz unbedingt auch in die nächste englische Ausgabe seiner Shakespear-Essays augfnehmen. Dank für die zugesanndten Separatabzüge von F. F.'s Miszelle 'Horaz und Shakespeare' aus dem Shakespeare-Jahrbuch 9 von 1874. F. F. zeigt sich von der positiven Meinung Elzes darüber ebenso überrascht, wie von der Tatsache, daß seine Entdeckung bisher unbekannt war und die bisherigen Interpreten die entsprechenden Textstellen geflissentlich übergangen haben. F. F. zeigt sich gegenüber einer erneuten Aufforderung Elzes, doch endlich auch Mitglied der Deutschen Shakespeare Gesellschaft zu werden, weiterhin zögerlich, da er sich trotz seiner Übersetzung von 'Venus und Adonis' eher für einen Shakespeare-Dilettanten im Sinne Elzes als für einen wirklichen Shakespeare-Gelehrten hält. Außerdem hat die Gesellschaft mit ihrer engen Bindung zum Weimarer Hof nach außen hin eine zu starke aristokratische Note, als daß F. F., obwohl jetzt völlig friedfertig und ohne jeden Groll gegen jedwede Potentaten, bei seiner Vergangenheit und seinem Ruf als politisch-revolutionärer Dichter sich zu nahe in einen solchen aristokratischen Dunstkreis begeben könne. F. F. möchte in betreff der Gesellschaft lieber weiter im Verborgenen bleiben. F. F. fühlt sich seit geraumer Zeit sehr müde und abgespannt ebenso wie seine Frau. Mit Grausen denkt er deshalb schon an den beabsichtigten Umzug im Sommer oder Herbst, besonders an das notwendige Verpacken seiner Bibliothek dabei. Außerdem muß er gerade in der Zeit noch eine neue Auflage seiner englischen Lyrikanthologie ('The Rose, Thistle and Sgamrock') beim Verlag von Eduard Hallberger vorbereiten und persönlich Korrektur lesen. Ein neues Wohnziel hat man noch immer nicht gefunden, so daß man in den nächsten Wochen auch noch auf Orts- und Häusersuche gehen muß. Die Freiligraths werden deshalb auch in diesem Jahr nicht zu ihren Kindern nach London reisen. Ab August sind zumindest Katharine Freiligrath-Kroeker und ihr Mann Eduard Kroeker wieder in London, so daß Elze sie bei einem möglichen Besuch dort aufsuchen kann, wie auch seine Tochter sicher bei den Kroekers unterkommen können wird. Wolfgang Freiligrath, der vor kurzem in ein alteingessenes Geschäft in Mankato in Minnesota eingetreten ist, und seiner Frau, Maria Eastman-Freiligrath, geht es wohl. F. F. bedauert, daß sich Elzes Pläne, nach Zürich zu gehen, nun doch zerschlagen haben. Die Schriftsteller-Petition gegen den unerlaubten Nachdruck in Holland von F. F. und einigen anderen initiiert, ist zwar von der Komission für Petitionen des Reichstages angenommen und dem Plenum zur Beratung vorgeschlagen worden, aber durch dringendere Gesetzesberatungen, wie ein neues Militärgesetz etwa, um eine Debatte verschoben worden. Den holländischen Nachdruckern soll jedenfalls schon kräftig der Schreck in die Glieder gefahren sein. Wenn Elze in Weimar demnächst Gisbert Vincke treffen sollte, so könnte er sich für ihn nach den Lebensbedingungen und den Mietpreisen in Freiburg/Br. erkundigen.

Bemerkungen

Aufnahme nach Filmkopie der O-Hs.