nr. 5381

Grunddaten

Adressat Meier, Konrad
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer5381
Schreibdatum1845-6-30
SchreibortMeyenberg b. Rapperschwyl
Empfangsort[Bülach b. Zürich]
Incipit
Ich war, lieber Herr Meier, heut vor 8 Tagen zu Haus geblieben, um Ihren angekündigten Besuch zu erwarten.
StandortZürich
Institution Zentralbibliothek

Art- und Formuntersatz

DokumentformO-Hs.
Vollständigkeitvollst.
ÜberlieferungsformHs.
SignaturMs. Z II 361

Zeugenbeschreibung

Umfang1 Bl., gef., 4 Sn. beschr. mit Tinte
Erhaltunggut

Regest

F. F. bedauert, daß Konrad Meier seinen angekündigten Besuch bei ihm in Meyenberg wegen eines schweren Gewitters nicht antreten konnte und hofft nun, daß dieser bald nachgeholt werden wird. Die Anfrage Meiers, durch welches deutesche Literaturjournal er sich am besten einen Überblick über den gegenwärtigen Stand der deutschen Literatur, insbesondere der Belletristik, verschaffen kann, weiß F. F. nicht so recht zu beantworten. Das in Rede gebrachte 'Morgenblatt für gebildete Leser' biete zwar mit Novellen, Gedichten, Korrespondenzen oder auch ethnographischen und naturwissenschaftlichen Erörterungen ein breites Spektrum an und halte sich als würdige und gediegene Zeitschrift auch weithin fern von Tagesskandalen, doch sei es nicht gerade ein 'Organ des Fortschritts' und reflektiere nur ungenügend die neuen Pulsschläge der Zeit. Vornehmlich die Literaturkritik in der Beilage 'Literaturblatt' von Wolfgang Menzel sei hinter den Anforderungen der Zeit zurückgeblieben. Zum Ausgleich während der jetzigen heißblütigen politischen Wirren in der Schweiz wäre es aber recht gut zu gebrauchen. Empfehlen könne F. F. außerdem vielleicht nur noch die neu gegründete Hannover'sche 'Morgenzeitung', die besonders in dem Aufweis neuer Lyrik, etwa von Emanuel Geibel, Gottfried Kinkel oder Karl Simrock, viel Schönes gebracht haben soll. Letztgenannten Dichter empfiehlt F. F. im besonderen Maße als einen Prototyp des deutschen Dichters vom alten Schlage, wobei vor allem dessen 'Amelungenlied' und sein 'Kleines Heldenbüchlein' zur Lektüre empfohlen seien. Insgesamt sei der Zustand der deutschen Literatur wie auch der Kritik gegenwärtig aber eher schlecht. Als gewisser Lichtblick sei aber zu begrüßen, daß die bisher vorherrschende 'schwabbelige, gefühlsselige Belletristik' nun doch auf dem Rückzug zu sein scheint. F. F. gedenkt, vorläufig noch so lange in der Schweiz zu bleiben, wie man ihn hier dulden werde, da ihm nach der Veröffentlichung seines Bandes 'Ein Glaubensbekenntniß' eine Rückkehr nach Deutschland nicht möglich ist und er sich sonst keinen besseren Aufenthaltsort als die Schweiz vorstellen könne.

Bemerkungen

Aufnahme nach Kopie der O-Hs.