nr. 2932

Grunddaten

Adressat Freiligrath, Gisbertine Freiligrath, Karoline Freiligrath, Klara Wilhelmine
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer2932
Schreibdatum1847-2-[21-28]
SchreibortLondon
OrtsstempelLondon
EmpfangsortSoest
Incipit
London, 21. Febr. 1847. Liebe Mutter u. liebe Schwestern! Vergebt mir, daß ich Euch Eure letzten liebevollen u. theilnehmenden Briefe nicht eher beantwortet habe!
StandortWeimar
Institution Goethe- und Schiller-Archiv

Art- und Formuntersatz

DokumentformO-Hs.
Vollständigkeitvollst.
ÜberlieferungsformHs.
BestandFerdinand Freiligrath
Signatur17/v, 4a, 1

Zeugenbeschreibung

Umfang2 Bl., gef., 8 Sn. beschr. mit brauner Tinte; Briefumschlag mit Adresse, 3 Poststempeln (nicht leserlich) u. Siegelresten
Größe18,5 x 22,7
Papiersorteweiß-grau, fest-glatt; S. 1 u. 5 oben links Papierprägezeichen: rund, mit Krone; S. 3/4 u. 7/8 in der äußeren Blatthälfte quer Wasserzeichen: P NASH
Erhaltunggut

Regest

F. F. steht seit Anfang Dezember unter außerordentlich hohem Arbeitsdruck in seiner Firma und kommt z. B. Dienstags und Freitags, den Posttagen, erst zwischen 22 Uhr und 23 Uhr nach Hause und mußte auch teilweise an den Feiertagen arbeiten. Dazu kam noch der Umzug aus der bisherigen möblierten Wohnung in ein kleines bis Weihnachten 1849 gemieteten Häuschens mit Garten in der ländlichen Vorstadt Londons, Lower Clapton (Clarence Village, Nr. 10). Man hat sich dort eine heimelige Familienathmosphäre aufgebaut und nur wenig Kontakte nach außen. F. F. braucht mit dem Omnibus 1 1/4 Stunden bis zu seiner Firma, geht teilweise bei gutem Wetter aber auch zu Fuß. Ida Freiligrath gibt einer jungen Engländerin zwei Mal wöchentlich Deutschunterricht, was jählich etwa 40,- Guinen einbringt. F. F. im ganzen zufrieden und glücklich, wenn nur nicht die Trennung von den Verwandten und Freunden in Deutschland wäre. Bericht über die prächtige Entwicklung der Tochter Katharine Freiligrath und Übersendung von zwei Zeichnungen von ihr. Erinnerungen an das frühere Zusammenleben in der Familie und an die Toten. Dank für das Mitgefühl und den Beistand nach dem Tode von F. F.'s Tochter Marie Mathilde Freiligrath. Trauer jetzt schon wieder um die Freundin F. F.'s aus Zürich, Karoline Schulz, die Ende Januar verstorben ist. Schwierige Lage nun für Wilhelm Schulz, der als langjähriger Flüchtling nicht nach Deutschland zurück kann, aber auch keine Kinder hat. Anteilnahme und Hilfe F. F.'s auch für die in Not geratenen Kettwiger Verwandten, die er schon im vergangenen Jahr mit 80,- Talern preußisch unterstüztzt hat und die er in diesem Jahr nach der Tilgung von eigenen Altschulden noch besser unterstützen will. Erkundigung nach dem erkrankten Vetter Theodor Schmöle. F. F. hofft, daß die Angriffe der politischen Reaktion gegen ihn, die Familie nicht weiter bekümmern. Der Kniff, ihn mit dem 'Windbeutel' Marr zusammenzukoppeln, war eine echt preußische Finte. Konstitutionsvorschläge in Preußen werden von F. F. ironisch als 'schönes Monstrum' und die politische Lage allgemein in Deutschland als Misere bezeichnet.