nr. 2947

Grunddaten

Adressat Freiligrath, Gisbertine Freiligrath, Karoline
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer2947
Schreibdatum1849-8-[19-21]
SchreibortKöln
Empfangsort[Soest]
Incipit
Köln, 19. Aug. 1849. Ihr lieben, guten, theuern Schwestern! Gott Lob, ich kann Euch gute Nachrichten mittheilen!
StandortWeimar
Institution Goethe- und Schiller-Archiv

Art- und Formuntersatz

DokumentformO-Hs.
Vollständigkeitvollst.
ÜberlieferungsformHs.
BestandFerdinand Freiligrath
Signatur17/V, 4b, 2

Zeugenbeschreibung

Umfang2 Bl., 1 Bl. gef., 6 Sn. beschr. mit brauner Tinte
Größe21,6 x 27,6
Papiersorteweiß-gelblich, fein-glatt-pergamenten
Erhaltunggut

Regest

Mitteilung von der gestrigen glücklichen Geburt der Tochter Luise Wilhelmine Freiligrath. F. F. mit großem Bekümmernis über die politische Entwicklung und das allmähliche Absterben der Revolution. Besonders geschmerzt hat ihn die Niederlage der Badischen Revolution im Juni und die sich anschschließende standrechtliche 'Hyänenwirtschaft' Preußens. Da F. F. die Niederlagen der letzten Aufstände im Badischen, im Bergischen und in Westphalen voraussah, hat er sich aus Verantwortung für seine Familie daran erst gar nicht beteiligt. F. F. ist von seiner Reise nach Holland schon zu Pfingsten zurück gewesen. Seitdem lebt er wieder unbehelligt hier in Köln. Er sehnt sich nun nach Ruhe, allerdings keiner Ruhe unter den Säbeln Preußens, das eine solche 'Barbarenwirtschaft' mit Mord- und Rachegelüsten angefangen hat, daß ein Aufstand von bisher noch nicht gekanntem Ausmaß dagegen früher oder später nicht ausbleiben kann, der alles wieder sühnen wird. F. F. ist gegen ein deutsches Kaisertum, aber weist dennoch darauf hin, daß viele Opfer seit dem Frühjahr hätten vermieden werden können, wenn der preußische König die Reichsverfassung und die ihm angetragene Kaiserwürde angenommen hätte. Wenn F. F. z. B. in Baden gefangen genommen worden wäre, würde man ihn schon wegen der Unbotmäßigkeiten seiner Gedichte vom 'Glaubensbekenntniß' an bis heute mit Sicherheit schon standrechtlich erschossen haben. In Holland war er enttäuscht von der steifen Förmlichkeit der Frau Franck und noch mehr von der Spießigkeit seines früheren Freundes C. A. Bertelsmann, der sich zwar gern freisinnig geriert, aber ohne wirkliches Handlungsmovens ist. Es mangelt einfach am Glauben einer alles überwindenden und deshalb beflügelnden Idee. Viel literarisches Arbeiten in jüngster Zeit, um mit einem neuen Gedichtband Geld für seine wachsende Familie zu verdienen. Bericht über die Etwicklung seiner Kinder. F. F. lädt die Schwestern erneut zu einem Besuch ein, gibt aber zu bdenken, daß jüngst in Köln die Cholera wieder ausgebrochen ist. Anteilnahme am Tod von Vetter Theodor Schmöle aus Iserlohn.