nr. 330

Grunddaten

Adressat Heuberger, Hans Karl
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer330
Schreibdatum1844-12-1
SchreibortBrüssel
Empfangsort[St. Goar]
Incipit
Rue du Pacheco 35. 1. Dezbr. 44. Lieber Freund! Auf Ihre lange Epistel vom 7. Nov. heute nur wenige Worte freundlicher Erwiderung, da mich einestheils Arbeiten drängen, u. da ich anderntheils christlich genug denke, Ihnen, was das Porto angeht, nicht allzu großen Kummer zu machen.
StandortKoblenz
Institution Rheinische Landesbibliothek
Drucke(1) Buchner II, S. 132f.; (2) Hartmann (1933), S. 1; (3) Drews (1948), S. 45-51; (4) Hartmann (1948), S. 19f.

Art- und Formuntersatz

DokumentformO-Hs.
VollständigkeitHs. vollst.; (1) unvollst. (Abs. 1, 2. Satz, 2. Teilsatz fehlt; 3.-9. Satz fehlen; Abs. 2, 5.-6. Satz fehlen; Abs. 4, 2. Satz fehlt; Briefschluß: Abs. 5-8, Schlußformel u. Nachschriften quer auf den S. 6-8 fehlen); (2) unvollst. (Nur Auszug: Abs. 2, 1.-3.
ÜberlieferungsformHs.; Edition
BestandFerdinand Freiligrath
SignaturK 92/57

Zeugenbeschreibung

Umfang2 Bl., gef., 8 Sn. beschr. mit brauner Tinte
Größe13,4 x 21,2
Papiersorteweiß-grau, fein-glatt-pergamenten
Erhaltunggut

Regest

Klage F. F.'s über die niveaulose Kritik in Deutschland über seinen Band 'Ein Glaubensbekenntniß', die zum Teil nur dumm und borniert zu nennen ist, vor allem was die kolportierte Meinung betrifft, F. F. sei nur unter fremden Einfluß zu diesem politischen Wandel gekommen. Es zeigt sich erneut hier die grenzenlose Feigheit und Misere in Deutschland. Trotzdem Zufriedenheit F. F.'s mit seinem politisch-poetischem Debüt, das seine Wirkung bis hin in die niederste Hütte enfaltet hat und so auch einen kleinen Beitrag zur Veränderung der Verhältnisse leistet, auch wenn das Karl Heubergers Gesinnung nicht gefällt. Jetzt gibt es sogar positive Kritiken in England und Frankreich und teilweise auch Übersetzungen. Zwar gibt es das Verbot des Gedichtbandes in Preußen, aber eine Klage dagegen von seiten Preußens beim Oberzensurgericht ist nicht möglich, da er in Hessen gedruckt ist. Trotzdem wäre jetzt gerade die Veröffentlichung einer 2., erweiterten Auflage notwendig, in der auch die konträren Kritiken darüber mit aufgenommen werden sollen. F. F. bedankt sich in diesem Zusammenhang auch noch einmal für die übersandten Meinungsäußerungen von Heubergers Rokokofreunden aus Adnau, die darin unbedingt Eingang finden sollen. Schon morgen will F. F. Manuskripte dazu in die Druckerei schicken. Diskussion über den Eklat um die Oberweseler Liebfrauenkirche. Weitere Aufklärung über die 'Flamische Bewegung', die F. F. nach wie vor für preußisch dominiert und von niederen Motiven begründet sieht. Bester Beweis für deren Haltlosigkeit und Schwäche sei der finanzielle Ruin ihrer Zeitung, der 'Vlaemsch Belgie', die einfach von der jesuitischen Partei für ihre Propagandazwecke übernommen werden konnte. Auch am Handelsvertrag Belgiens mit dem deutschen Zollverein hat die Bewegung keinen Anteil gehabt. Dies ging lediglich auf die Initiative einiger Antwerpener Kaufleute zurück. Die Literaten der Bewegung sind reine Egoisten, die nur deshalb die Verbindung nach Deutschland suchen, weil sie dadurch Übersetzungen versprechen, um bekannt zu werden. Die deutsche Gegenwartsliteratur kenne sie nicht, auch nicht Karl Simrock, der ja erst kürzlich mit einem Bündisgedicht in der 'Augsburger Allgemeinen Zeitung' für sie eingetreten ist. Louise von Ploennies und ihre Tochter, die sich hier sehr um sie bemüht haben, werden mittlerweile nur noch verspottet. F. F. rät jedenfalls von jeglicher Sympathie und Unterstützung der Bewegung von deutscher Seite ab. Jüngst hat F. F. auch einmal wieder einen Brief von Levin Schücking bekommen, der ja auch unlängst in der 'Augsburger Allgemeinen Zeitung' wenigstens seinen guten Willen gegenüber F. F. geäußert hat. Plan Heubergers, seine Töchter für einige Zeit nach Brüssel zu schicken, stehen die Freiligraths grundsätzlich positiv gegenüber. F. F. hat sich in Belgien bei gewissen öffentliche Gelegenheiten sicherheitshalber als ein Herr Mockel ausgegeben.

Bemerkungen

S. 1 oben links von fremder Hand (wahrscheinlich Karl Heuberger) mit brauner Tinte Vermwrk: Antw. den 7. Januar 1845.