nr. 344

Grunddaten

Adressat Heuberger, Hans Karl
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer344
Schreibdatum1845-4-19
SchreibortMeyenberg b. Rapperschwyl
Empfangsort[St. Goar]
Incipit
Meyenberg bei Rapperschwyl am Zürcher See, 19. April 1845. Lieber Freund! Schon längst hätte ich Ihnen schreiben sollen, aber die lange Reise, das Suchen nach einer neuen Wohnung, dann der Einzug, das Einrichten u. das Einwohnen - Alles das hat mich in eine entsetzliche Schreibfaulheit geworfen, aus der ich erst allmählig wieder mich herausarbeite.
StandortKoblenz
Institution Rheinische Landesbibliothek
Drucke(1) Buchner II, S. 157-160; (2) Drews (1948), S. 70-74; (3) Hartmann (1948), S. 21-23

Art- und Formuntersatz

DokumentformO-Hs.
VollständigkeitHs.: vollst.; Drucke: (1) unvollst. (Anrede u. Abs. 1 fehlen; Abs. 3, 1. Satz, 2. Teilsatz fehlt; Abs. 4, 4. Satz, 1. Teilsatz fehlt u. veränderter Anschluß; Abs. 5, 3, 9. u. 10. Satz fehlen; Abs. 6 fehlt; Abs. 7, 1.-2. Satz fehlen; 5. Satz, 1.-4. Teilsat
ÜberlieferungsformHs.; Edition
BestandFerdinand Freiligrath
SignaturK 92/62

Zeugenbeschreibung

Umfang3 Bl., 2 Bl. gef., 10 Sn. beschr. mit brauner Tinte
Größe13,1 x 20,3
Papiersortegrau-türkis, fein-glatt-pergamenten
Erhaltunggut

Regest

F. F. ist durch seine lange Reise, die Wohnungssuche und Einlebungsschwierigkeiten in letzter Zeit stark absorbiert gewesen. F. F. ist von Straßburg aus über Basel nach Zürich gekommen, wo er von verschiedener Seite freundlich aufgenommen wurde. Seit 14 Tagen ist F. F. nun mit Ida Freiligrath wieder zusammen und man hat gemeinsam eine herrliche und kostengünstige Wohnung in ländlicher Umgebung auf dem Meyenberg bei Rapperschwyl bezogen. F. F. dankt noch einmal für die freundliche Aufnahme seiner Frau im Hause Karl Heubergers während ihrer Reise hierher. Die Freiligraths sind auch gern wieder bereit, eine von Heubergers Töchtern hier zu beherbergen. F. F. freut sich schon auf den beabsichtigten Besuch Karl Simrocks und Karl Schlickums zu seiner Kindtaufe im Herbst. F. F. war von Anfang an hier in ein echtes, bewegtes politisches Leben hineingerissen, was er auch nicht mehr missen möchte. Es sind Erlebnisse eines wahren politischen Lebens, von Person zu Person sowie mit großer Leidenschaft geführt, und nicht bloße Zeitungsklopffechtereien wie in Deutschland. F. F. hat einen noch stärkeren Haß gegen das allgemeine Aristokraten- und Pfaffenwesen entwickelt und auch sein Widerstand gegen jede Art von Geistesknechtung und Unterdrückung hat sich hier noch verschärft. F. F. bedauert die jüngste Niederlage der Freischaren gegen die Luzerner Regierung und ist erbost über die einseitige Berichterstattung darüber, z. B. in der 'Augsburger Allgemeinen Zeitung'. F. F. ist auch ungehalten über die Bemühungen von Herrn Schmitz, der bei den preußischen Behörden für F. F. um eine Wiederansiedlung nachgesucht hat. F. F. will aber auf keinen Fall jetzt nach Preußen zurück. Trotzdem würde F. F. schon aus Neugier der Ausgang dieses Verfahrens interessieren. F. F. erbittet sich einen Heimatschein aus St. Goar zur Verlängerung seines am 6. Mai ablaufenden Passes. Sollte dieser wider Erwarten nicht ausgestellt werden können, bittet F. F. auch um sofortige Mitteilung darüber, da er sich dann in Soest darum bemühen muß. F. F. bittet um die Überstellung eines Fasses und einer Kiste, die noch bei Heuberger lagern und nach deren Inhalt sich Ida Freiligrath sehnt. F. F. bestätigt, daß er nach dem Verkauf seiner St. Goarer Mobilien durch Heuberger demselben aber immer noch um die 200,- Taler schuldig bleiben wird. Er bietet eine Verzinsung von 5% für diese Schulden an, da er nach seiner Übersiedlung hierher und der Neueinrichtung bis auf weiteres wohl nicht zahlungsfähig sein wird.

Bemerkungen

S. 1 oben rechts von fremder Hand (wahrscheinlich Karl Heuberger) mit brauner Tinte Vermerk: Antw. 24/4 45.