nr. 1632

Grunddaten

Adressat Longfellow, Henry Wadsworth
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer1632
Schreibdatum1843-9-24
SchreibortSt. Goar
Empfangsort[Cambridge] (Massachusetts/USA)
Incipit
St. Goar, 24. Sept. 1843. Mein lieber, theurer Longfellow! Das einzige Lebenszeichen, das ich Dir bis jetzt auf Deine vielen freundlichen und gütigen Briefe zukommen ließ, war vom 5. Sept., und wird Dir hoffentlich in nicht gar zu langer Zeit durch Mr. Muzzy behändigt werden.
StandortCambridge (USA)
Institution Houghton Library
Drucke(1) Appelmann (1915), S. 39-41 u. 55; (2) Hatfield (1933), S. 1248-1251

Art- und Formuntersatz

DokumentformO-Hs.
VollständigkeitDrucke: (1) unvollst. (Briefanfang: Anrede u. Abs. 1-5 fehlen; Abs. 7, 1. Satz fehlt; Nachschrift fehlt): (2) unvollst. (Abs. 5, 3 Gedichtstrophen außer den ersten 2 und den letzten drei Worten fehlen)
ÜberlieferungsformHs.; Edition
BestandFreiligrath, Ferdinand; Letters
SignaturMS Am 1340II (2104)

Zeugenbeschreibung

Umfang2 Bl., gef., 8 Sn. beschr. mit Tinte
Erhaltunggut

Regest

Entschuldigung F. F.'s für seine Saumseligkeit in der Beantwortung der Briefe Henry Wadsworth Longfellows, dessen übersandte Dramenversuche, 'Outre Mer' und 'The spanish student' ihm ebenso gefallen haben wie die beiden neuen Gedichte, von denen er eines, 'Tschaktaslied', übersetzt folgen läßt. Es klingt aber im Deutschen sehr greulich. F. F. begegnet dem Vorwurf Karl Heubergers, er übersetze zu viel. F. F. hat immer bisher Phasen von Übersetzungen mit denen eigener Dichtung wechseln lassen. F. F. gibt dabei stets einem inneren Drange nach, der entweder von einem gefundenen Originalstoff oder der Faszination fremdsprachiger Vorlagen ausgeht und dem er nicht widerstehen kann. Im Übrigen ist das Übersetzen genauso Dichtung wie Originalpoesie. Allein Sprachkenntnis und Sprachgewandtheit genügen da nicht. F. F. jetzt aber auch mit einem neuen Zyklus 'Patriotische Sonette' beschäftigt, die, 50-60 an der Zahl, noch diesen Herbst in einem kleinen Heftchen erscheinen werden und in ganz ungezwungener Art F. F.'s politisches Glaubensbekenntnis ausdrücken sollen. Obwohl F. F. der Politik weiterhin fern steht, glaubt er, daß es jedem Poeten in bewegten Zeiten frei stehen muß, Zeitthemen aufzugreifen. Es ist jetzt eine große historische Umbruchsphase in Deutschland, die F. F. dazu gedrängt hat, daß, was sie in ihn hineingesenkt hat, auch dichterisch auszusprechen, um sich danach wieder mit größerer Freiheit rein poetischen Arbeiten zuwenden zu können. F. F.'s Position dabei, ohne 'Juste Milieu' zu sein, genau so entfernt vom Wahnsinn eifernder Radikalität wie sich in den Schein guten Rechts hüllender Reaktion. Das zu erwartendes Zerwürfnis mit Parteien und Personen soll F. F. dabei gleichgültig bleiben, was im Falle Georg Herweghs ja auch schon geschehen ist und mit den Servilen der Reaktion wohl noch geschehen wird. F. F. gibt nur seinem Ansinnen nach Freiheit und Recht Ausdruck. Der Gefahr einer Ungnade bei Friedrich Wilhelm IV. und des möglichen Verlustes seiner Ehrenpension sieht F. F. gelassen entgegen. F. F. will sich trotz aller Verhetzungen der Parteien als Charakter beweisen. Die Veröffentlichung von F. F.'s sechs Sonetten 'Flotten-Träume' hat schon großes Aufsehen erregt. Sie sind vielfach nachgedruckt und verbreitet worden und haben ihm schon große Anerkennung eingebracht. Der nächste Brief F. F.'s soll von seiner jüngsten Poesie handeln. Bitte um die Übersendung eines Portraits von Longfellow, daß er über seinem Schreibtisch aufhängen will.

Bemerkungen

Aufnahme nach Filmkopie der O-Hs.