nr. 1905

Grunddaten

Adressat Freiligrath-Kroeker, Katharine (Käthe)
Dokumenten-TypBrief
Brief-Nummer1905
Schreibdatum1870-5-9
SchreibortStuttgart
Empfangsort[London (Forest Hill)]
Incipit
Stuttgart, 9. Mai 1870. Ich muß nun wirklich wieder an Dich schreiben; es hat schon zu lange gewährt, daß ich Dir geschrieben habe.
DruckeWiens (1910), S. 182-187

Art- und Formuntersatz

Dokumentform[O-Hs.] (?)
Vollständigkeitunvollst. (?)
ÜberlieferungsformEdition

Regest

Klage F. F.'s, daß er als nunmehrige Berühmtheit mit Briefen, Anfragen und Bitten förmlich überhäuft wird, auf die er alle beim besten Willen nicht eingehen kann, zumal sie oft nur von großer Nichtigkeit sind. Dies ist aber trotzdem ein großes Hemmnis für F. F.'s eigentliche poetische Arbeit. Zur Zeit ist er mit der Zusammenstellung und der Revision des Druckes einer wohlfeilen Ausgabe seiner 'Gesammelten Dichtungen' beschäftigt, die in Einzellieferungen schon ab dem nächsten oder übernächsten Monat bei einem anderen Verlag (G. J. Göschen'sche Verlagshandlung) als der J. G. Cotta'schen Buchhandlung erscheinen soll. Die Sache ist aber noch völlig unbekannt. Bei einem billigem Preis von nur 4 1/2 Gulden, wogegen die amerikanische Ausgabe noch 18 Gulden gekostet hatte, hoffen F. F. und sein neuer Verleger (Ferdinand Weibert) auf einen guten Absatz. Freilich sind in Deutschland bei weitem noch nicht solche Honorare zu erzielen wie etwa in England, wo Disraeli ein Angebot von 16000,- Pfund für seinen 'Lothair' ausgeschlagen hat. Obwohl Berthold Auerbach z. B. auch 10000,- Taler für seinen Roman 'Ein Landhaus am Rhein' von der J. G. Cotta'schen Buchhandlung bekommen hat, wird er das gar nicht glauben wollen. F. F. verspürt nur noch wenig Neigung, William Shakespeares 'Cymberlin' für den Brockhaus-Verlag zu übersetzen, wozu er sich nur widerwillig nach anhaltenen Bitten des Verlags und des Herausgebers Friedrich von Bodenstedt überreden lassen hat, da es ja auch schon sehr viele gute diesbezügliche Übersetzungen gibt. Nach ultimativer Aufforderung des Verlegers, das Manuskript bis zum 1. August zu liefern, hat F. F. erst einmal auf den Abschluß eines gültigen Vertrages bestanden. Danach forderte er am 5. Mai eine Aufbesserung der Bezüge und eine Fristverlängerung der Fertigstellung bis März kommenden Jahres, sonst lehne er die Übernahme der Arbeit ab, was ihm freilich das liebste wäre. Empfehlung zweier Shakespeare-Bücher von Ulrici und Rümelin. F. F. dankt für Katharine Freiligrath-Kroekers Übersetzungen serbischer Volkslieder und empfiehlt als nächstes vor allem wegen Katharines Lieblingsmetrum, dem vierfüßigen Trochäus, das finnisch Nationalepos 'Kalevala' zu Übersetzung ins Englische. Freilich sollte sie sich nicht gleich das ganze Werk vornehmen, sondern sich auf Auszüge für die Journale beschränken. Neugier F. F.'s auch schon auf Katharines angekündigtes Gedicht über Ludwig van Beethoven. F. F. selbst will kein Gedicht zu dessen 100. Geburtstag schreiben, da ohnehin jetzt noch eine unendliche Reihe von Jubiläen großer Männer folgen wird.