F. F. hatte ein bewegtes, ereignisreiches letztes Vierteljahr. Trotzdem war er besonders während der Zeit der Übersiedlung nach London ständig mit den Gedanken bei der Familie in Soest und vor allem bei dem toten Bruder Karl Freiligrath, dessen Geschenk eines Elexierfläschchens F. F. immer bei sich trägt. Bindung an die Familie wird mit der wachsenden Entfernung von ihr immer stärker. F. F. will alle Verfehlungen, die er gegenüber der Familie getan hat, unbedingt wieder gut machen. Dank für die übersandte Locke aus des toten Bruders Haar und die Mitteilungen über ihn, die F. F. in seinem Inneren fest verwahren will. Das Angebot des Geschenks von Karls Brille nimmt F. F. ebenfalls dankend an. Mitteilung, daß vorgestern F. F.'s zweite Tochter Marie Mathilde Gisbertine (gen. Marie) Freiligrath glücklich geboren wurde. Paten sollen Karl Schlickum, Mathilde Heuberger, Marie Melos und Gisbertine Freiligrath werden. F. F. hat am 21. Juli zunächst allein Zürich verlassen, um nach London zu gehen. Seine Reise führte über Frankreich, mit den Sationen Basel, Mühlhausen, Belfort, Troyer, Paris und Le Havre, wobei F. F. in Paris einen mehrtägigen Zwischenstop eingelegt hat und so erst am 31. Juli mit dem Dampfschiff in London ankam. Der Eindruck bei seiner Ankunft in der Metropole London war ein gewaltiger und großer, größer noch als der von Paris. London atmet den Geist des Ernstes und des erwerbenden Lebens, während Paris eher nur der Frivolität wegen da zu sein scheint. Ida Freiligrath reiste mit der Tochter und dem Kindermädchen Babette am 10. August per Rheindampfer mit einem eintägigen Aufenthalt in St. Goar bis Rotterdam, von wo sie F. F. am 17. August abholte. Nach einer stürmischen Überfahrt ist er dann am 18. August mit seiner Familie in London angekommen. Hier lebt man bisher eher zurückgezogen von dem Verdienst F. F.'s als Korrespondent im angesehenem Handelshaus Friedrich Huth & Co., was 200,- Pfund, mithin 1367,- preußische Taler pro Jahr beträgt. Die literarischen Honorare kann F. F. somit für die Zukunft seiner Kinder zurücklegen. Überhaupt hat F. F. diesen Schritt zurück in seinen Beruf aus Verantwortung gegenüber seiner Familie gatan, um ihr einen sicheren Existenzboden zu schaffen, da der literarische Erwerb dazu auf Dauer doch zu unsicher ist, zumal die Familie ja auch immer weiter wächst. F. F. ist somit um die Zukunft auch nicht mehr bange. Seine Stellung wird ihm auch weiterhin die Möglichkeit zur Dichtung lassen. Er hat sich in die Kontorsarbeit trotz aller zeitweiliger Überbelastungen gut eingelebt und wird von seinen Chefs geschätzt. F. F. erkundigt sich, ob seine zwei letzten Büchersendungen über eine Buchhandlung, die eine mit Johann Gottfried Herders Werken für Ferdinand Schwollmann und mit zwei Büchern von und über Johann Heinrich Pestalozzi noch für Karl Freiligrath und die andere mit einem Exemplar seines neuen Buches mit Übersetzungen englischer Gedichte, gut angekommen sind. Entschuldigung, daß F. F. wegen der hohen Portokosten den Brief nur bis Ostende frankiert. |